Innovation Marco Beichts Jahrhundertprojekt IT-Campus Achern
A whole lot of New Work!
Marco Beichts IT-Campus, der nicht nur Achern verändert

 

Zehn Millionen Verträge, 20 Milliarden Euro Umsatz in der Abwicklung: Die Entwicklung der Billing-Plattform Powercloud ist eine saugute Erfolgsgeschichte. Jetzt schreibt der Gründer in Achern das nächste Kapitel und investiert mit der Sparkasse Offenburg / Ortenau rund 100 Millionen Euro in einen IT-Campus

 

Wer die Zukunft mal sehen möchte, fährt dieser Tage nach Achern. Für fast 100 Millionen Euro lässt Powercloud-Gründer Marco Beicht hier seinen IT-Campus bauen – als neue Heimat für eines der spannendsten High-Tech-Unternehmen Europas. Powercloud ist mit seinen aktuell 400 Mitarbeitern so etwas wie der digitale Möglichmacher der Energiewende, gilt weltweit als SAP der Energieversorger. Warum so ein Unternehmen überhaupt ein physisches Büro braucht, wieso Künstliche Intelligenz hier schon fast ein alter Hut ist und warum sich der Chef nun neue, #saugute Herausforderungen sucht, hat uns Marco Beicht im Interview verraten. 

Mit dem IT-Campus bekommt Powercloud eine richtige Heimat – warum ist das wichtig?
Weil ein Unternehmen eine Identität braucht. Wir entwickeln Software-Tools. Die kann man nicht anfassen, nicht wirklich sehen. Umso wichtiger ist, dass man eine gemeinsame Identität hat, eine Heimat, etwas Verbindendes. Und genau das wird der Campus leisten: Er bringt uns zusammen. Nach der ganzen Remote-Only-Zeit ist das vielleicht sogar wichtiger denn je.

Man könnte ja meinen, dass gerade IT-Spezialisten supergut remote arbeiten können. Ist das nur Legende?
Geht schon. Aber Menschen können mehr erreichen, wenn sie nicht nur über Videokonferenzen interagieren, sondern sich auch mal an der Kaffeemaschine treffen, gemeinsam was unternehmen und Teamgeist entwickeln. Außerdem bauen wir nicht irgendeine banale Bringdienst-App für Berlin, sondern entwickeln wirklich komplexe Deep-Tech-Sachen für die Energiewirtschaft – also für eine sehr komplizierte Branche. Da ist es einfach gut, wenn man Raum an Raum sitzt und die Chance hat, hybrid zu arbeiten.   

Im Herbst wird der IT-Campus fertig?
Der erste Teil. Das Büro beziehen wir schon mal, da sind wir im Zeitplan. Auch die ersten Wohnungen werden im September bezogen, weitere dann im November und Dezember. Danach ist das Hotel dran – im April 2024.

Bleiben die Kosten im Rahmen der geplanten 85 Millionen Euro?
Das wird nicht ganz reichen. Wir haben das noch vergleichsweise gut im Griff, weil wir die Aufträge sehr früh vergeben haben. Und so werden wir immerhin klar unter 100 Millionen bleiben.  

Was bedeutet dieser Campus für Achern und für die Region?
Da hängt schon eine Menge dran. Unser Campus allein, dann das neue Krankenhaus, es ist eine Menge los in Achern. Für die Stadt ist es sicher gut, dass wir auch neue Wohnungen bauen, denn der Wohnungsnotstand war schon arg. Und man kann Spezialisten nur in eine Stadt holen, in der es auch Wohnraum gibt.  

Daher auch das neue Hotel mit 123 Zimmern auf dem Campus? Um neue Mitarbeiter unterzubringen?
Nein. Wir rechnen damit, dass etwa 20 Prozent der Auslastung über uns generiert wird, aber der Betreiber zielt mit diesem Produkt schon auf die ganze Region. Ein gutes, bezahlbares Komforthotel, sowohl für Urlauber, die von Achern aus den Schwarzwald erkunden, als auch für Geschäftsreisende der örtlichen Unternehmen. Das hat gefehlt in der nördlichen Ortenau.   

Du baust diesen Campus, verlässt aber den Vorstand und wechselst in den Aufsichtsrat. Warum? Ich meine: So alt bist Du doch noch gar nicht!  
Ich bin ein Gründertyp. Ich mag es, etwas von Null entstehen zu lassen und dann mit 50 oder auch mit 100 Leuten zu arbeiten. Aber wir sind jetzt 400. Das ist serious business und: Das können andere besser. In der neuen Rolle kann ich mich außerdem aufs Produkt an sich konzentrieren und bin zudem – zum Glück! – das Tagesgeschäft los.

Heißt das auch, dass Luft ist für neue Projekte? 
Ich bin jetzt nicht mehr Vollzeit auf Powercloud gebucht. Im Aufsichtsrat sind das eher noch drei oder vier Tage die Woche. Ich werde also auf jeden Fall mal gucken, was ich als nächstes großes Ding anfange. Da wird was kommen, davon kann man ausgehen, aber weder morgen noch übermorgen. Solche Dinge brauchen ihre Zeit und man muss das Richtige finden, wenn man etwas nach vorne treiben will. 

Welche Rolle spielt das Hypethema künstliche Intelligenz für Powercloud? 
Wir haben das Thema schon seit anderthalb Jahren im Produkt, so ganz neu ist es für uns also nicht. Ich glaube, dass man KI als weitere Form der Automatisierung begreifen muss. Wir versuchen einfach, immer mehr Standardprozesse von selbstlernenden Systemen erledigen zu lassen, und da wird noch viel kommen. Gerade in der Energiewirtschaft gibt es so viele Standard-Aufgaben, um die sich heute noch Sachbearbeiter kümmern, das wird nach und nach alles automatisiert und ich bin gespannt, ab wann wir es gar nicht mehr merken, dass wir eben nicht mit einem Menschen sprechen, sondern mit einer KI.